Pressemitteilung der Freien Schule Kreuzberg
Berlin, 08.10.2020
Wir als Freie Schule Kreuzberg, ein Ort des Freien Lernens, Gestaltens und Lebens, stellen uns entschieden gegen die geplante Räumung des Hausprojekts Liebig34 am morgigen Freitag den 09.10.2020!
Die Liebig34 wie auch alle anderen unabhängigen, unkommerziellen politischen Zentren und Hausprojekte in Berlin steht für Solidarität, freie Entfaltung und Schutz vor gesellschaftlicher Stigmatisierung. In einer Stadt, die immer mehr ein reiner Konsumhort ist, in der Kunstprojekte, Kneipen, Clubs und Hausprojekte verdrängt werden, die Jahre oder Jahrzehnte für eine praktisch-solidarische Politik mit geflüchteten Menschen, von Diskriminierung betroffenen Menschen, wohnungslosen Menschen und allen anderen, die für ein besseres Leben kämpfen stehen, ist jedes weitere Haus, das geräumt wird, ein weiterer Schlag gegen eben jene Werte.
Wo vor 20 Jahren und auch noch vor 10 Jahren mit dem Slogan „arm aber sexy“ kokettiert wurde und wo Touristen kamen, um sich die alternative Wohn- und Kunstszene in Berlin zu sehen, die historisch gewachsen und erkämpft wurde, da stehen heute durchsanierte Eigentumswohnungen und Gewerbeeinheiten, die Alle ausschließen, die an diesem Berlin keinen Anteil haben können und wollen. Hohe Zäune, Wachschutz und Polizeigroßaufgebote werden gegen die Anwohner*innen sogar der selben Straßen eingesetzt, damit die finanzielle Elite ungestört unter sich in den Kiezen leben kann, in denen vorher Menschen zwangsgeräumt, rausgekündigt oder anderweitig verdrängt wurden.
Gewalt – dieses Wort wird dieser Tage häufig gegen die Protestierenden in Solidarität mit der Liebig34 gewählt – geht hierbei jedoch nicht von den Menschen aus, die um ihr Zuhause, um ihren Lebensmittelpunkt, ihren Schutzrum, ihren Begegnungsraum kämpfen, Gewalt geht von den staatlichen Strukturen aus, die die Berliner Zustände erst ermöglichen. Gewalt wird angewandt gegen Projekte und Mieter*innen, die die steigenden Mieten nicht zahlen können oder wollen, die bedroht werden in wesentlichen Teilen ihrer Existenz.
Morgen wird diese Gewalt ganz anschaulich und praktisch durch 2500 vom Berliner Senat finanzierte Polizist*innen ausgeübt werden.
Die Liebig wird dabei nicht das letzte Interessensobjekt für Großinvestor*innen und Spekulant*innen sein, wir alle, die wir für Freies Leben, Lernen und Lieben in antikapitalistischen Räumen stehen, sind durch diese Politik der Hinnahme der Bedürfnisse „des Marktes“ gleichsam bedroht.
Deshalb rufen wir zur Solidarität und Verteidigung der Liebig34 auf! Keine Räumung am 09.10.2020 und anderen Tagen! Kommt mit euren Freund*innen, Familien, Kindern, Nachbar*innen zur Kundgebung in Solidarität mit der Liebig34! Freitag Morgen, 09.10.2020, 6.00 Uhr, Ecke Bänschstr./Liebigstr.!
Wir stehen zusammen für die Verteidigung der Hausprojekte und Kneipen, Clubs und Veranstaltungsräume, Schulen und Kitas, die für Alle Menschen, gleich welchen Geschlechts, welcher Herkunft, welchen Aufenthaltsstatus, welchen Bildungshintergrunds, welcher religiösen Zugehörigkeit, welcher sexuellen Identität und welchen Alters offen stehen!